Patientenleitlinie: Chronische Koronare Herzkrankheit (KHK)
Patientenleitlinie KHK - Titelbild

Behandlung mit Medikamenten

Die Einnahme von Medikamenten bei einer KHK hat zum Ziel, das Leben zu verlängern, Beschwerden und Folgekrankheiten wie Herzinfarkt oder Herzschwäche zu vermeiden und damit die krankheitsbedingt eingeschränkte Lebensqualität zu verbessern.

Einige Medikamente soll Ihnen Ihr Ärzteteam anbieten, egal, ob Sie Beschwerden haben oder nicht:

  • Plättchen-Hemmer = Blutgerinnungshemmer (Fachbegriff: Thrombozyten-Aggregations-Hemmer) verhindern, dass sich Blutplättchen an den Wänden der Herzkranzgefäße festsetzen. Hochwertige Studien haben gezeigt, dass Plättchen-Hemmer nach 2 Jahren bei etwa 4 von 100 Behandelten einen Herzinfarkt oder Herztod verhindern konnten. Mehr dazu ab dem Kapitel "Plättchen-Hemmer".

  • Statine (Cholesterin-Senker) sorgen für günstige Blutfettwerte. So entstehen weniger Plaques innen an den Gefäßen. Aussagekräftige Studien haben gezeigt, dass innerhalb von 5 Jahren etwa 3 von 100 Menschen durch Statine vor einem Herzinfarkt oder Herztod bewahrt wurden. Mehr dazu ab dem Kapitel "Statine".

Auch blutdrucksenkende Medikamente, wie zum Beispiel Beta-Blocker, können bei bestimmten Patientinnen und Patienten zum Einsatz kommen.

Bei der Behandlung einer KHK werden also mehrere Wirkstoffe kombiniert. Verlässliche Studien haben gezeigt, dass diese Medikamente die Lebenszeit verlängern und das Risiko für Herzinfarkt oder Schlaganfall senken. Wichtig ist, dass Sie die Medikamente regelmäßig einnehmen. Bei etwa zwei Drittel bessern sich die Beschwerden der Angina pectoris dauerhaft. Lassen sich die Beschwerden nicht ausreichend mit Medikamenten behandeln, können Stents in Frage kommen (mehr dazu im Kapitel "Operative Eingriffe"). Zudem gibt es Medikamente, die akute Beschwerden sofort lindern (siehe Kapitel "Kurzwirksame Nitrate").

Im Folgenden stellen wir Ihnen die wichtigsten Medikamentengruppen vor, die in der Leitlinie derzeit aufgeführt werden. Aber die Forschung geht weiter. Immer wieder werden neue Wirkstoffe getestet. Wenn sie sich nach kritischer Bewertung aller vorhandenen Daten als wirksam erwiesen haben, nimmt das Expertenteam neue Medikamente in die Leitlinie auf. Dann wird auch diese Patientenleitlinie aktualisiert.

Nebenwirkungen – wichtig zu wissen

Neben den erwünschten Effekten von Medikamenten können auch unerwünschte Wirkungen vorkommen. Sollten bei Ihnen unerwünschte Arzneimittelwirkungen auftreten, besprechen Sie diese mit Ihrer behandelnden Ärztin. Die entscheidende Frage ist, ob der zu erwartende Nutzen die möglichen Risiken rechtfertigt.

Dabei sollten Sie auch sogenannte Wechselwirkungen beachten: Manche Medikamente verstärken oder mindern sich gegenseitig in ihrer Wirkung. Es ist daher gut, wenn Sie eine Liste der Medikamente, die Sie einnehmen, zum Arztgespräch mitbringen. Oder Sie nehmen einfach die Packungen Ihrer Medikamente mit.

Wirkstoffname? Handelsname?

Alle Medikamente werden in dieser Patientenleitlinie mit ihrem Wirkstoffnamen vorgestellt. Bekannter ist meist der Handelsname, den eine Firma ihrem Medikament gibt. So heißt der Wirkstoff ASS bei einem Hersteller zum Beispiel "Aspirin®". Auf der Medikamentenpackung sind immer Wirkstoff und Handelsname angegeben. Nach dem Handelsnamen fragen Sie am besten Ihr Behandlungsteam.

Plättchen-Hemmer

Was sind Plättchen-Hemmer?

Das sind Medikamente, die verhindern sollen, dass die Herzkranzgefäße verengt oder sogar verschlossen werden. Sie senken die Gefahr für Blutgerinnsel. In der Fachsprache heißen sie Thrombozyten-Aggregations-Hemmer.

Wie wirken Plättchen-Hemmer?

Sie verhindern, dass Blutplättchen (Thrombozyten) verklumpen und sich an Gefäßwänden festsetzen und mit der Zeit die Gefäße verstopfen.

Welche Plättchen-Hemmer sind in der Leitlinie genannt?

Tabelle 3: Übersicht Plättchen-Hemmer bei stabiler KHK

Wirkstoff Anwendung
Acetysalicyl-säure (ASS) Bei stabiler KHK, um Herzinfarkt und Schlaganfall vorzubeugen. 
Clopidogrel Bei stabiler KHK, wenn ASS nicht vertragen wird oder nicht genommen werden darf; zusätzlich zu ASS bei Stents in den Herzkranzgefäßen.
Prasugrel Für Menschen mit stabiler KHK nicht empfohlen.
Ticagrelor Für Menschen mit stabiler KHK nicht empfohlen.
Ticlopidin Bei Menschen mit stabiler KHK und Stents ähnlich wirksam wie Clopidogrel, aber weniger gut verträglich. Die Behandlung mit Ticlopidin wurde in Studien mehr als doppelt so häufig abgebrochen auf Grund von Nebenwirkungen wie allergischen Reaktionen an der Haut oder Magen-Darm-Beschwerden.

Typische Nebenwirkungen: Blaue Flecken, Nasenbluten, Hautreaktionen, Magen-Darm-Beschwerden wie Übelkeit, Erbrechen oder Bauchschmerzen.

Für wen sind Plättchen-Hemmer empfehlenswert?

Die Leitlinie empfiehlt:

Bei stabiler KHK sollen Sie 100 mg Acetylsalicylsäure (ASS) pro Tag erhalten.

Dies gilt für alle Menschen mit stabiler KHK, außer sie nehmen bereits ein Blut verdünnendes Mittel ein. Wer bereits einen Blutverdünner bekommtsoll keinen Plättchen-Hemmer zusätzlich erhalten. In bestimmten Situationen können aber auch Plättchen-Hemmer und Blutverdünner gemeinsam zum Einsatz kommen, zum Beispiel nach Einsetzen von Stents (siehe Kapitel "Können Plättchen-Hemmer mit Blutverdünnern kombiniert werden?").

Die Behandlung mit ASS sollte selbst dann fortgeführt werden, wenn als Nebenwirkung eine Magenblutung auftritt. Sie sollten dann zusätzlich ein Magen schützendes Medikament einnehmen (siehe "Protonenpumpen-Hemmer").

Wenn Sie ASS nicht einnehmen dürfen oder nicht vertragen, sollten Sie 75 mg Clopidogrel pro Tag erhalten.

Diese Empfehlungen gelten nur für Menschen mit stabiler KHK. Für Menschen nach einem akuten Koronarsyndrom, zum Beispiel einem Herzinfarkt, gibt die Expertengruppe keine Empfehlungen und verweist auf internationale Leitlinien (siehe Hinweis).

In aussagekräftigen Studien wurde belegt, dass ASS pro Jahr etwa 15 von 1 000 Menschen mit KHK vor weiteren ernsthaften Ereignissen wie Herzinfarkt, Schlaganfall oder Tod durch Gefäßerkrankungen bewahrt. Statt bei 82 von 1 000 Erkrankten mit einem Schein-Medikament (Placebo) trat nur bei 67 von 1 000 Erkrankten mit ASS ein solcher Notfall auf. Aufgrund der guten Belege und langjähriger Erfahrung gilt ASS als Mittel der ersten Wahl, um Menschen mit stabiler KHK lebenslang damit zu behandeln.

Ebenfalls wurde in hochwertigen Studien untersucht, ob es Unterschiede bei Männern und Frauen gibt, wenn sie mit ASS behandelt werden, um weitere ernsthafte Gefäßerkrankungen wie Herzinfarkt oder Schlaganfall zu verhindern. Die Studien liefern Belege, dass die schützende Wirkung von ASS in dieser Situation für beide Geschlechter etwa gleich gut ist.

ASS ist in Deutschland für Menschen mit stabiler KHK ohne vorherigen Herzinfarkt nicht zugelassen und wird dann im sogenannten Off-Label-Use eingesetzt (siehe Kasten "Off-Label-Use"). Dennoch gilt ASS seit langem als Standard-Medikament bei KHK.

Als Nebenwirkung von ASS kann es zu Magen-Darm-Blutungen kommen (mehr dazu im Kapitel "Wie können Nebenwirkungen behandelt werden?"). Eine vergleichende Studie liefert Hinweise, dass es nach einer Magenblutung häufiger erneut zu einer Blutung kommt, wenn ASS durch das Medikament Clopidogrel ausgetauscht wird, als wenn zusätzlich zu ASS ein magenschützendes Mittel gegeben wird. Innerhalb von 12 Monaten kam es bei 9 von 100 Personen mit Clopidogrel und bei 1 von 100 Personen mit dem magenschützenden Mittel zusätzlich zu ASS zur wiederholten Blutung. 

Hinweis:

Sie sollten die Dosis von 100 mg ASS täglich nicht eigenmächtig steigern. Die schützende Wirkung erhöht sich dadurch nicht, aber die Nebenwirkungen nehmen dann zu.

Studien deuten darauf hin, dass Clopidogrel bei Menschen mit KHK nach einem Herzinfarkt ähnlich wirkt wie ASS. Ein Vorteil von Clopidogrel gegenüber ASS wurde nicht nachgewiesen. Daher sollte es nur in Frage kommen, wenn Sie ASS nicht vertragen oder nicht nehmen dürfen.

In mehreren Studien gab es keine Hinweise darauf, dass Clopidogrel Männern oder Frauen mehr nutzt.

Clopidogrel ist für Menschen mit stabiler KHK nicht zugelassen (siehe Kasten "Off-Label-Use"). Es gilt aber seit langem als Standard-Medikament bei KHK.

Wann sind mehrere Plättchen-Hemmer gleichzeitig zu empfehlen?

Die Leitlinie empfiehlt:

Nach dem Einsetzen von Stents (Stützröhrchen) soll Ihnen das Ärzteteam zusätzlich zu ASS den Plättchen-Hemmer Clopidogrel anbieten. Ziel ist zu verhindern, dass die Röhrchen durch Blutgerinnsel verstopfen.

In guten Studien konnte gezeigt werden, dass zwei Plättchen-Hemmer im Vergleich zu einem Blutverdünner bei Menschen mit Stents besser Gefäßverschlüsse und ihre Folgen verhindern können. Zudem kam es seltener zu unerwünschten Blutungen. Die Expertengruppe hält die beiden Plättchen-Hemmer ASS und Clopidogrel für verträglicher als andere Plättchen-Hemmer.

Diese Zweifach-Behandlung kommt zeitweise zum Einsatz. Wie lange sie dauert, hängt unter anderem von der Art des Stents und Ihrem Blutungsrisiko ab.

Können Plättchen-Hemmer mit Blutverdünnern kombiniert werden?

Menschen, die eine Herzschwäche mit Vorhofflimmern, künstliche Herzklappen oder Thrombosen haben, nehmen häufig Blutverdünner ein, sogenannte Antikoagulanzien (siehe Wörterbuch: "Antikoagulation").

Diese Mittel beeinflussen ebenso wie die Plättchen-Hemmer die Blutgerinnung. Je mehr gerinnungshemmende Wirkstoffe gleichzeitig eingenommen werden, desto höher ist schließlich auch das Risiko für Blutungen.

Eine große Studie liefert Hinweise, dass Menschen nach einem Herzinfarkt, die bereits einen Blutverdünner erhalten, keinen Vorteil von einem zusätzlichen Plättchen-Hemmer haben. In beiden Gruppen traten Folgen von Gefäßverschlüssen wie Herzinfarkt, Schlaganfall oder Tod vergleichbar häufig auf. Aufgrund dieser Ergebnisse geht die Expertengruppe davon aus, dass auch die meisten Menschen mit stabiler KHK, die Blutverdünner erhalten, keinen zusätzlichen Plättchen-Hemmer benötigen.

Doch es gibt eine Ausnahme: Nach dem Einsetzen von Stents sollte Ihnen das Ärzteteam auch dann einen Plättchen-Hemmer anbieten, wenn Sie bereits einen Blutverdünner erhalten.

Für Menschen nach Stent-Einlage konnte in Studien ein Vorteil für Plättchen-Hemmer gegenüber Blutverdünnern gezeigt werden (siehe Kapitel "Wann sind mehrere Plättchen-Hemmer gleichzeitig zu empfehlen?"). Daher reicht hier der Blutverdünner allein nicht, sondern er wird mit Plättchen-Hemmern kombiniert. Die Expertengruppe sieht es als belegt an, dass die Zweifach-Kombination (1 Plättchen-Hemmer und 1 Blutverdünner) deutlich seltener zu Blutungen als Nebenwirkung führt als die Dreifach-Kombination (2 Plättchen-Hemmer und 1 Blutverdünner).

Es gibt einige seltene Situationen, in denen trotz des höheren Risikos für Blutungen zusätzlich zum Blutverdünner zwei Plättchen-Hemmer in Frage kommen können, etwa wenn die Gefahr für einen Gefäßverschluss als hoch eingeschätzt wird. Allerdings ist eine möglichst kurze Behandlungszeit mit diesen drei Mitteln empfehlenswert. Besprechen Sie dies mit Ihrem Behandlungsteam.

Sind Plättchen-Hemmer auch nach einer Bypass-Operation zu empfehlen?

Die Leitlinie empfiehlt:

Nach einer Bypass-Operation an den Herzgefäßen sollen Sie täglich 100 mg ASS erhalten.

Es gibt allerdings folgende Ausnahme: Für den Fall, dass Sie bereits einen Blutverdünner bekommen, sollten Sie nach der Operation weiterhin nur den Blutverdünner ohne zusätzlichen Plättchen-Hemmer erhalten.

In Studien wurden Menschen mit stabiler KHK und Bypass-Operation untersucht, die entweder nur ASS bekamen oder ASS plus Clopidogrel. Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass es vergleichbar selten zu Herzinfarkten und Tod kam, sich aber das Blutungsrisiko bei Kombination der beiden Mittel erhöht. Statt bei 2 von 100 traten bei 3 von 100 Studien-Personen Blutungen auf.

Die Expertengruppe konnte keine Studien finden, die bei Menschen mit Blutverdünnern und Bypass-Operation die zusätzliche Einnahme von ASS untersuchten. Nach Einschätzung der Expertengruppe reicht für diese Patientengruppe – genauso wie für viele andere Betroffene mit stabiler KHK – ein Mittel aus, das die Blutgerinnung hemmt und Gefäßverschlüssen vorbeugt. 

Wie können Nebenwirkungen behandelt werden?

Bei Magen-Beschwerden wie starkem Sodbrennen oder Aufstoßen können Sie Medikamente erhalten, sogenannte Protonenpumpen-Hemmer. Wie der Name schon andeutet, wirken sie auf die "Protonenpumpe" in der Magenschleimhaut. Dadurch blockieren sie die Bildung von Magensäure und schützen die Schleimhaut vor Entzündungen und Geschwüren.

Allerdings gibt es Hinweise aus Studien, dass Protonenpumpen-Hemmer möglicherweise die Wirkung von ASS und anderen Plättchen-Hemmern abschwächen und sich somit das Risiko für weitere Gefäßerkrankungen wieder erhöht. Verlässliche Daten zu dieser Frage konnte die Expertengruppe bisher nicht finden.

Um eine akute Blutung zu stoppen, kann eine Spiegelung des Magens oder Darms helfen (siehe Wörterbuch: "Endoskopie"). Das blutende Gefäß kann dann von innen mechanisch mit einem Clip oder mit Hilfe eines bestimmten gefäßverengenden Medikaments verschlossen werden. Manchmal ist der Blutverlust so groß, dass eine Blut-Transfusion nötig ist.

Statine (Cholesterin-Senker)

Was sind Statine?

Das sind Medikamente, die das Cholesterin im Blut und andere Blutfette (Lipide) senken können. Dadurch vermindern sie Folgekrankheiten der KHK wie Herzinfarkt und Schlaganfall. Man kann sie auch als Cholesterin-Senker oder Lipid-Senker bezeichnen.

Fachleute unterscheiden das "schlechte" LDL-Cholesterin, das schädlich für die Blutgefäße ist, von dem "guten" HDL-Cholesterin, das dem LDL-Cholesterin entgegenwirkt. Ein hoher HDL-Wert kann nur begrenzt einem hohen LDL-Wert gegensteuern. Ziel der Behandlung ist daher, das LDL-Cholesterin im Blut zu senken.

Wie wirken Statine?

Statine hemmen ein Eiweiß im Körper (Enzym), das Cholesterin herstellt. Zudem sorgen sie dafür, dass die Leber vermehrt Cholesterin aus dem Blut aufnimmt. Je nach Dosis kann so die Cholesterinmenge im Blut bis auf die Hälfte sinken. Ebenfalls fallen auch andere Blutfette leicht ab. Folglich entstehen weniger Plaques innen an den Gefäßwänden.

Ihr Nutzen beruht aber nicht allein auf der Cholesterin-Senkung. Vermutlich schützen Statine auch die Gefäßwände, weil sie gegen Entzündungen wirken.

Für wen sind Statine empfehlenswert?

Die Leitlinie empfiehlt:

Alle Menschen mit KHK sollen ein Statin erhalten, um das Risiko für Folgekrankheiten und Herztod zu verringern. Sie sollen ein Statin unabhängig davon bekommen, wie hoch die Blutfettwerte sind.

Die Behandlung mit Statinen ist sehr gut in hochwertigen Studien untersucht. Es ist erwiesen, dass Statine für Menschen mit KHK vorteilhaft sind und zum Beispiel Krankheitsfolgen wie einen Herzinfarkt verhindern und die Lebenszeit verlängern. Ganz grob lassen sich die Ergebnisse vieler großer Studien nach 4 Jahren Behandlung so zusammenfassen:

  • Nach 4 Jahren lebten etwa 901 von 1 000 Menschen, die regelmäßig ein Statin einnahmen. Bei Menschen, die ein Schein-Medikament nahmen, waren es etwa 886.

  • Das heißt, das Statin hat bei etwa 15 von 1 000 Behandelten einen Todesfall verhindert.

  • Etwa 51 von 1 000 hatten trotz Statin einen nicht tödlichen Herzinfarkt. Mit Schein-Medikament waren es 73.

  • Das Statin hat also bei 22 von 1 000 Behandelten einen nicht tödlichen Herzinfarkt verhindert.

Aufgrund der guten Nachweise und langjähriger Erfahrung gelten Statine als Mittel der ersten Wahl, um bei Menschen mit KHK die Blutfette zu senken.

Lesen Sie auch das Patientenblatt "Warum empfiehlt mir meine Ärztin oder mein Arzt Statine?": www.patienten-information.de/patientenblaetter/khk-statine.

Gibt es etwas Besonderes zu beachten?

Statine sind laut Datenlage bei Männern und Frauen mit KHK ähnlich gut wirksam. Das Alter spielt dabei keine Rolle.

Aus aktuellen Studien geht nicht eindeutig hervor, ob Statine auch bei Menschen mit KHK und Herzschwäche die Lebenszeit verlängern. Die Expertengruppe ist der Meinung, dass Sie das Statin weiterhin einnehmen sollten, auch wenn bei Ihnen zusätzlich eine Herzschwäche festgestellt wird – vorausgesetzt Sie vertragen das Statin gut. Man weiß nicht, was für Folgen es hätte, wenn Sie diese dauerhafte Behandlung plötzlich beenden.

Dies gilt vor allem, wenn Sie vor kurzem einen Herzinfarkt oder eine instabile Angina pectoris hatten.

Wie werden Statine eingenommen?

Wenn Sie ein Statin einnehmen, gibt es für den Arzt zwei unterschiedliche Vorgehensweisen:

  • "Feste Dosis": Zum einen kann er Ihnen das Medikament in einer festen Dosis verschreiben. Es finden dann keine regelmäßigen Kontrollen Ihrer Fettwerte im Blut statt. Für dieses Vorgehen gibt es gute wissenschaftliche Belege aus vielen Studien. Daher sollte jedem Menschen mit KHK ein Statin mit einer festgelegten hohen Dosierung angeboten werden, sofern dieser es verträgt und es für ihn aus ärztlicher Sicht geeignet ist.

  • "Zielwert": Zum anderen kann die Ärztin einen persönlichen Blutfett-Zielwert für Sie bestimmen, der auch von Ihren Risikofaktoren abhängig ist. Bei diesem Vorgehen soll Ihr LDL-Cholesterin-Wert auf unter 70 mg/dl (unter 1,8 mmol/l) gesenkt werden. Liegt Ihr LDL-Wert zu Beginn der Behandlung zwischen 70 und 135 mg/dl, so soll dieser Wert mindestens halbiert werden. Es folgen regelmäßige Kontroll-Untersuchungen Ihrer Blutfette. Ist der gewünschte Zielwert noch nicht erreicht, so wird das Statin höher dosiert.

Egal wie der Arzt bei Ihnen vorgeht, eine Behandlung mit Medikamenten wirkt besser, wenn Sie gleichzeitig Ihren Lebensstil umstellen, zum Beispiel die Ernährung.

Die Leitlinie nennt folgende Statine, die sich in Langzeitstudien als wirksam erwiesen haben: Simvastatin, Pravastatin, Atorvastatin, Lovastatin, Rosuvastatin.

Wie bei allen Mitteln ist es wichtig, dass Sie die Tabletten dauerhaft und wie ärztlich verordnet einnehmen. Sonst können sie nicht richtig wirken.

Welche Nebenwirkungen haben Statine?

Die meisten Menschen vertragen Statine gut. Bei wenigen können Muskelschmerzen (ähnlich wie Muskelkater) auftreten. Wie häufig das der Fall ist, hängt auch von der Dosis ab. Etwa 10 bis 50 von 1 000 waren in Studien davon betroffen, aber: Erhielten die Menschen ein Schein-Medikament, traten Muskelbeschwerden ebenso häufig auf. Das deutet darauf hin, dass die Schmerzen oft nicht durch das Statin kommen. Ernsthafte Komplikationen sind selten: bei etwa 1 von 10 000 Behandelten.

Unter einer Statin-Behandlung tritt die Zuckerkrankheit Diabetes mellitus etwas vermehrt auf. Von 1 000 Behandelten erhielten innerhalb von 4 Jahren

  • 47 Menschen mit Statin eine Diabetes-Diagnose;

  • 43 Menschen mit Schein-Medikament eine Diabetes-Diagnose.

Eine sehr seltene, aber bedrohliche Nebenwirkung ist der Muskelzerfall (Rhabdomyolyse). Die Leitlinie macht besonders auf das Risiko bei Simvastatin in hoher Dosierung aufmerksam. Ebenso spielen die Nieren- und Schilddrüsenfunktion, Lebererkrankungen, Alkoholkonsum, Alter und andere gleichzeitig verordnete Medikamente eine Rolle. Daher wird Ihr Blut öfter kontrolliert werden, wenn Sie Statine einnehmen. Hinweise auf einen Muskelzerfall können sein:

  • der Urin verfärbt sich dunkel;

  • Muskelkrämpfe oder Muskelschwäche;

  • Muskelschmerzen, die länger als 2 Tage bestehen und nicht durch Sport zu erklären sind.

Wenn Sie diese Anzeichen haben, gehen Sie am besten sofort zum Arzt.

Nutzen und Schaden auf einen Blick: Faktenbox Statine

Nutzen
Verhinderte Todesfälle:                                                                                  15 pro 1 000 Behandelte
Verhinderte nicht-tödliche Herzinfarkte:                                                       22 pro 1 000 Behandelte
Schaden
Zusätzliche Muskelschmerzen durch Statin:                                                                              unklar
Zusätzliche Diabetes-Diagnosen durch Statin:                                                                 4 pro 1 000 Behandelte

Zusätzliche schwere Muskelerkrankung durch Statin*:                              

                                  

 

0,1 pro 1 000 Behandelte
(1 pro 10 000 Behandelte)

*bildet sich nach Absetzen des Statins wieder zurück 

Was tun, wenn Statine nicht vertragen werden oder nicht ausreichend wirken?

Die Leitlinie empfiehlt:

Wenn Sie ein Statin aufgrund von Nebenwirkungen nicht vertragen, sollen Sie eine geringere Dosis oder ein anderes Statin erhalten.

Die Expertengruppe rät Ihnen dazu, die Behandlung mit einem Statin nicht sofort abzubrechen, sondern dies mit Ihrem Ärzteteam zu besprechen. Die Ärztin bietet Ihnen dann zum Beispiel ein anderes Statin an oder verringert die Dosis. Vielleicht kommen Sie damit besser zurecht und die Schmerzen gehen zurück oder hören auf. Anschließend können Sie die Dosis gegebenenfalls langsam wieder steigern, so lange Sie damit gut zurechtkommen. Fachleute schätzen die Behandlung als sehr wirksam ein. Statine sind die einzigen Blutfett-senkenden Medikamente (Lipid-Senker), für die ein verlängertes Überleben nachgewiesen ist. Deshalb sollten Sie versuchen, die Behandlung mit diesen Maßnahmen weiterzuführen.

Neben Statinen gibt es folgende weitere Medikamente, um die Blutfette zu senken: Ezetimib (Cholesterin-Aufnahme-Hemmer), PCSK9-Hemmer, Fibrate und Gallensäure bindende Mittel (Ionen-Austauscher).

Ezetimib

Dieses Medikament hemmt im Darm bestimmte Bindestellen, so dass das Cholesterin nicht in den Körper aufgenommen wird.

Eine gut durchgeführte Studie mit hoher Teilnehmerzahl hat ein Statin + Ezetimib mit einem Statin + Schein-Medikament verglichen. Die Ergebnisse zeigen, dass das LDL-Cholesterin in der Ezetimib-Gruppe stärker gesenkt wurde als in der Gruppe mit dem Schein-Medikament: im Mittel betrug der LDL-Wert nach 6 Jahren Behandlung 54 mg/dl mit Ezetimib und 70 mg/dl mit Schein-Medikament. Zudem weist die Studie darauf hin, dass in der Ezetimib-Gruppe etwas seltener nicht-tödliche Herzinfarkte auftraten: bei etwa 13 von 100 statt rund 14 von 100 Betroffenen. Des Weiteren waren in der Ezetimib-Gruppe seltener Krankenhausaufenthalte zu verzeichnen. Die Nebenwirkungen waren in beiden Gruppen vergleichbar. Anders als bei den Statinen konnte in den vorhandenen Studien aber nicht nachgewiesen werden, dass Ezetimib das Leben von Menschen mit KHK verlängert.

Empfehlung für Vorgehen nach "fester Dosis":

Wenn Sie die festgelegte hohe Dosis des Statins nicht vertragen, kann Ihnen der Arzt zusätzlich zu dem Statin – in einer für Sie verträglichen Dosis – das Medikament Ezetimib anbieten.

Empfehlung für Vorgehen nach "Zielwert":

Ihre Ärztin kann Ihnen zusätzlich das Medikament Ezetimib anbieten, wenn trotz der höchsten für Sie verträglichen Statin-Dosis Ihr LDL-Wert noch über 70 mg/dl liegt.

Wenn Sie Statine überhaupt nicht vertragen, ist es auch möglich, stattdessen Ezetimib als alleiniges Mittel zu nehmen. Allerdings konnte die Leitliniengruppe hierzu keine Studien finden. Daher sind keine Aussagen dazu möglich, ob Folgekrankheiten verhindert werden können oder sich die Lebenszeit verlängert.

PCSK9-Hemmer

PCSK9 ist ein Eiweiß. Es sorgt dafür, dass die Leber weniger LDL-Cholesterin aus dem Blut aufnimmt. Ein PCSK9-Hemmer blockiert dieses Eiweiß. Folglich nimmt die Leber vermehrt LDL-Cholesterin auf. Der LDL-Wert im Blut sinkt.

Diese Mittel werden als Spritze verabreicht. Es gibt sie bislang nicht als Tabletten. Sie kommen vor allem bei hohen Blutfetten, die sich nicht anderweitig behandeln lassen, und bei erblichen Fettstoffwechsel-Störungen in Frage.

Mehrere Studien haben einen PCSK9-Hemmer mit einem Schein-Medikament verglichen. Meist kombiniert mit einem Statin. Die Ergebnisse zeigen, dass PCSK9-Hemmer die LDL-Cholesterin-Werte im Blut halbieren können. Zudem weist eine Studie darauf hin, dass in der PCSK9-Hemmer-Gruppe über einen Zeitraum von ungefähr 2 Jahren etwas seltener Ereignisse wie Herzinfarkt oder Schlaganfall auftreten können: bei etwa 10 von 100 statt rund 11 von 100 Betroffenen. Die Nebenwirkungen waren in beiden Gruppen vergleichbar. Anders als bei den Statinen konnte in den vorhandenen Studien aber nicht nachgewiesen werden, dass PCSK9-Hemmer das Leben von Menschen mit KHK verlängern.

Empfehlung für Vorgehen nach "fester Dosis":

Wenn Sie kein Statin mit festgelegter hoher Dosis vertragen, kann Ihnen der Arzt in der Regel zusätzlich zu dem Statin – in einer für Sie verträglichen Dosis – einen PCSK9-Hemmer anbieten.

Empfehlung für Vorgehen nach "Zielwert":

Ihre Ärztin kann Ihnen zusätzlich einen PCSK9-Hemmer anbieten, wenn Ihr LDL-Wert trotz einer Behandlung mit der höchsten für Sie verträglichen Statin-Dosis plus Ezetimib über 140 mg/dl liegt.

An dieser Stelle ist sich die Expertengruppe nicht einig:

Die Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft (AkdÄ) bewertet die Studien kritischer. Sie ist der Meinung, dass PCSK9-Hemmer bei Menschen mit KHK nicht routinemäßig zum Einsatz kommen sollten. Auch nicht als Medikamente zweiter Wahl, sondern nur als Ausnahme.

Fibrate

Nach Meinung der Expertengruppe kommen Fibrate für Menschen mit KHK nicht mehr zum Einsatz. Grund dafür sind ihre Nebenwirkungen.

Gallensäure bindende Mittel

In den vorliegenden Studien konnte für diese Medikamente bislang kein Überlebensvorteil für Menschen mit KHK nachgewiesen werden.

Beta-Blocker

Was sind Beta-Blocker?

Das sind Medikamente, die den Blutdruck senken und den Herzschlag langsamer machen.

Beta-Blocker sind ein Sammelbegriff für mehrere ähnlich wirkende Arzneistoffe, die im Körper bestimmte Bindestellen für Hormone blockieren. Diese Bindestellen heißen Beta-Rezeptoren. Deshalb bezeichnen Fachleute diese Gruppe von Medikamenten auch als Beta-Rezeptoren-Blocker.

Wie wirken Beta-Blocker?

Beta-Blocker hemmen die Wirkung von Stress-Hormonen. Diese Stress-Hormone heißen Noradrenalin und Adrenalin. Wenn Beta-Blocker die Rezeptoren besetzen, verhindern sie, dass sich die körpereigenen Stress-Hormone Noradrenalin und Adrenalin daran binden. Damit senken sie den Blutdruck und den Sauerstoffbedarf des Herzens. Das Herz wird entlastet.

Für wen sind Beta-Blocker empfehlenswert?

Die Leitlinie empfiehlt:

Wenn Sie einen Herzinfarkt hatten, sollten Sie für ein Jahr einen Beta-Blocker erhalten, um das Risiko für weitere Folgekrankheiten und Tod durch Gefäßerkrankungen zu verringern.

Nach etwa einem Jahr sollte Ihr Ärzteteam prüfen, ob Sie den Beta-Blocker weiterhin benötigen.

Beta-Blocker senken bei Menschen mit KHK und Bluthochdruck nachweislich das Risiko für ernsthafte Folgeerkrankungen und Tod durch Gefäßerkrankungen. Laut einer aussagekräftigen Untersuchung vieler Studien können Beta-Blocker vor allem 1 bis 2 Jahre nach einem Herzinfarkt diese Folgen häufiger verhindern als andere blutdrucksenkende Mittel. Eine hochwertige Studie kommt zu dem Schluss, dass von 1 000 Menschen, die nach einem Herzinfarkt mit einem Beta-Blocker behandelt werden, jährlich etwa 10 vor dem Herztod bewahrt werden. Des Weiteren deuten Studien an, dass nach einem Herzinfarkt ein erneuter Herzinfarkt häufiger verhindert werden kann, wenn sofort mit einer Behandlung mit Beta-Blockern begonnen wird: Von 1 000 Betroffenen konnten auf diese Weise etwa 5 Menschen mehr davor bewahrt werden. Daher kommen Beta-Blocker nach einem Herzinfarkt unabhängig vom Blutdruck zum Einsatz.

Zudem ist belegt, dass Beta-Blocker die Beschwerden der KHK wie Brustenge oder Brustschmerzen lindern und die körperliche Belastbarkeit erhöhen können.

Verlässliche Studien zeigen auch, dass sich Beta-Blocker bei Menschen mit KHK und Herzschwäche positiv auf das Überleben auswirken. Mehr Informationen finden Sie in der Patientenleitlinie Herzschwäche: www.patienten-information.de/patientenleitlinien/herzschwaeche.

Wissenschaftliche Untersuchungen, die verschiedene Beta-Blocker miteinander vergleichen, hat die Expertengruppe nicht gefunden. Insgesamt sind Wirkstoffe, die bereits gut in Studien untersucht sind, zu bevorzugen. Die Dosierungen sind von Wirkstoff zu Wirkstoff sehr unterschiedlich. Sie können als Tablette eingenommen, aber auch in die Venen gespritzt werden.

Gibt es etwas Besonderes zu beachten?

Beta-Blocker senken laut Datenlage die Sterblichkeit bei Männern und Frauen gleichermaßen. Aber Frauen bauen bestimmte Beta-Blocker langsamer ab als Männer. Das heißt, sie haben mitunter deutlich höhere Mengen im Blut, wodurch der Blutdruck stärker sinken kann. Gleichzeitig können bei Frauen häufiger schwerwiegende Nebenwirkungen auftreten. Dann kann die Dosis gesenkt oder ein anderer Beta-Blocker verordnet werden.

Welche Nebenwirkungen haben Beta-Blocker?

Unter Beta-Blockern kann der Herzschlag zu sehr verlangsamt werden. Gelegentlich wird der Blutdruck zu stark gesenkt, so dass es zu Schwindel kommt. Oder einem wird schwarz vor Augen. Außerdem kann es gelegentlich zu Gefäßverengungen kommen. Das macht sich durch kalte oder kribbelnde Hände und Füße oder durch Kopfschmerzen bemerkbar.

Selten können Erektionsstörungen oder ein Nachlassen des sexuellen Verlangens hervorgerufen werden. Auch Mundtrockenheit und verminderter Tränenfluss mit Bindehautentzündung des Auges sind seltene Nebenwirkungen.

Beta-Blocker können zudem eine Verengung der Atemwege als Folge haben. Darauf müssen Personen, die Asthma oder eine obstruktive Lungenerkrankung haben, besonders achten. Außerdem können Beta-Blocker die Anzeichen einer Unterzuckerung wie Heißhunger und Schwitzen verschleiern. Besonders Menschen mit Diabetes sollten dies wissen.

Wenn der Wunsch entsteht, das Medikament in veränderter Menge oder nicht weiter zu nehmen, besprechen Sie dies mit Ihrem Arzt. Sie sollten Beta-Blocker nicht einfach plötzlich weglassen, weil dann Blutdruck und Herzschlag schlagartig und unkontrolliert ansteigen können.

Was tun, wenn Sie Beta-Blocker nicht vertragen?

Zur Senkung des Blutdrucks und zur Verbesserung des Überlebens:

Wenn Sie Beta-Blocker nicht vertragen, sind ACE-Hemmer eine andere Möglichkeit (siehe ACE-Hemmer).

Zum langfristigen Lindern von Beschwerden:

Kommen Beta-Blocker für Sie nicht in Frage, so gibt es andere Medikamente, um die Beschwerden zu behandeln. Mehr dazu finden Sie im Kapitel "Medikamente zum langfristigen Lindern von Beschwerden".

ACE-Hemmer

Was sind ACE-Hemmer?

Diese Medikamente senken den Blutdruck und verbessern die Pumpleistung des Herzens.

Wie wirken ACE-Hemmer?

Sie hemmen ein bestimmtes Eiweiß (Enzym). Das Enzym trägt die englische Bezeichnung "Angiotensin Converting Enzyme" und wird ACE abgekürzt. ACE bewirkt über mehrere Zwischenschritte im Körper zwei Dinge: Die Blutgefäße ziehen sich zusammen und werden dadurch enger. Mehr Kochsalz und Wasser verbleiben im Blut, wodurch die Blutmenge steigt. Beides führt dazu, dass das Herz stärker schlagen muss, um das Blut in den Körper zu pumpen. 

Wird ACE gehemmt,

  • bleiben die Gefäße weiter;
  • werden mehr Wasser und Kochsalz ausgeschieden;
  • sinkt der Blutdruck;
  • wird das Herz entlastet und es kann besser pumpen.

Sind ACE-Hemmer bei stabiler KHK empfehlenswert?

Die Expertengruppe geht davon aus, dass ACE-Hemmer Personen mit KHK und normalem Blutdruck sowie ungestörter Pumpleistung des Herzens - also keine Herzschwäche - keinen Vorteil bringen. Diese Personengruppe benötigt daher nach Expertenmeinung keine ACE-Hemmer.

Für Menschen mit KHK und Herzschwäche haben ACE-Hemmer einen besonderen Stellenwert. Mehr Informationen dazu finden Sie in der Patientenleitlinie Herzschwäche: www.patienten-information.de/patientenleitlinien/herzschwaeche.

Angiotensin-I-Blocker (Sartane) und Aldosteron-Antagonisten

Sartane und Aldosteron-Antagonisten sind blutdrucksenkende Medikamente. Sartane wirken ähnlich wie ACE-Hemmer. Allerdings lösen sie weniger unerwünschte Nebenwirkungen aus. Aldosteron-Antagonisten hemmen das körpereigene Hormon Aldosteron und beeinflussen somit den Blutdruck und die Wassermenge im Körper.

Nach Einschätzung der Expertengruppe ist für diese beiden Wirkstoff-Gruppen nicht ausreichend belegt, dass sie bei Menschen mit KHK ohne Bluthochdruck und ohne Herzschwäche Folgekrankheiten verhindern und die Sterblichkeit senken können. Diese Personengruppe benötigt daher nach Expertenmeinung keine Sartane oder Aldosteron-Antagonisten.

Wenn Sie zusätzlich zur KHK eine Herzschwäche haben, finden Sie weitere Informationen zur Behandlung Patientenleitlinie Herzschwäche: www.patienten-information.de/patientenleitlinien/herzschwaeche.

Medikamente bei plötzlich auftretenden Beschwerden: Kurzwirksame Nitrate

Was sind Nitrate?

Das sind Medikamente, die die Blutgefäße erweitern und dadurch die Blutversorgung des Herzens verbessern. Als sogenanntes "Nitro-Spray" oder als "Nitro-Kapsel" kommen sie bei einem Angina-pectoris-Anfall zur Anwendung und können so das Engegefühl und Schmerzen in der Brust lindern.

Wie wirken Nitrate?

Nitrate erweitern die Herzkranzgefäße und versorgen so das Herz mit mehr Sauerstoff. Gleichzeitig haben sie eine entspannende Wirkung auf die Muskelfasern in den Venen, die das Blut zum Herzen zurück befördern. Das Blut fließt langsamer zum Herzen zurück. Das Herz muss dadurch weniger pumpen, verbraucht weniger Sauerstoff und wird auf diese Weise entlastet.

Wann sind Nitrate empfehlenswert?

Die Leitlinie empfiehlt:

Menschen mit stabiler Angina pectoris (Brustschmerzen und Engegefühl bei körperlicher Belastung) sollen nach Meinung der Expertengruppe immer ein schnellwirksames Nitrat bei sich haben, um einen Anfall durchbrechen zu können.

Einige vergleichende Studien liefern Hinweise, dass Nitrate die Beschwerden bei KHK lindern und weniger Angina pectoris-Anfälle auftreten. Aufgrund langjähriger klinischer Erfahrung sind schnell wirksame Nitrate Mittel der ersten Wahl bei einem akuten Anfall. Sie kommen meist als Spray, Tropfen oder Zerbeiß-Kapsel zum Einsatz. Zum Beispiel lösen sich Glyceroltrinitrat und Isosorbiddinitrat schnell unter der Zunge auf.

Es konnten keine Belege dafür gefunden werden, dass Nitrate Herzinfarkte verhindern oder das Leben verlängern, deshalb werden sie nur bei auftretenden Beschwerden empfohlen. Als regelmäßige Dauermedikamente sind schnellwirksame Nitrate nicht geeignet. Es ist aber möglich, sie kurz vor einer erwarteten Anstrengung einzusetzen, um auf diese Weise die körperliche Belastbarkeit zu erhöhen und zum Beispiel ein Bewegungstraining besser durchhalten zu können.

Vorsicht: Die Wechselwirkung mit Potenzmitteln, zum Beispiel: Sildenafil (Viagra®), Vardenafil oder Tadalafil, kann zu einem lebensbedrohlichen Blutdruckabfall führen.

Welche Nebenwirkungen haben Nitrate?

Kopfschmerzen sind eine typische Nebenwirkung, vor allem zu Beginn der Behandlung.

Es kommt vor, dass der Blutdruck so stark absinkt, dass einem schwindlig oder schwarz vor Augen wird. Besonders wenn man schnell aufsteht. Sollte durch das starke Absinken des Blutdrucks ein neuer Angina-pectoris-Anfall hervorgerufen werden, informieren Sie bitte Ihren Arzt, damit er die Dosis entsprechend anpassen kann.

Medikamente zum langfristigen Lindern von Beschwerden

Die Leitlinie empfiehlt:

Welches Medikament für Sie geeignet ist, hängt von Ihren weiteren Erkrankungen und den möglichen Nebenwirkungen der Mittel ab. Die Wahl des Medikaments soll sich danach richten.

Wenn Sie trotz der üblichen KHK-Behandlung mit Plättchen-Hemmern und Statinen Beschwerden im Alltag haben, gibt es verschiedene Arzneimittel. Nach aktueller Studienlage lindern sie alle ähnlich gut langfristig die Beschwerden und verringern die Häufigkeit von Angina pectoris-Anfällen, haben aber verschiedene Nebenwirkungen. Zudem reagieren sie unterschiedlich mit anderen Medikamenten, die Sie möglicherweise aufgrund anderer bestehender Krankheiten wie etwa Diabetes oder Herzschwäche einnehmen.

Die folgenden Wirkstoff-Gruppen stehen hierfür zur Verfügung:

Beta-Blocker

Das sind Medikamente, die den Blutdruck senken und den Herzschlag langsamer machen. Mehr dazu im Kapitel "Beta-Blocker".

Kalziumkanal-Blocker

Sie regulieren die Weite der Blutgefäße. Dadurch sinkt der Blutdruck und die Pumpleistung des Herzens verringert sich. Das Herz wird entlastet. Eine hochwertige Untersuchung zeigt, dass Kalziumkanal-Blocker die Anzahl von Angina pectoris-Anfällen senken können. Im Gegensatz zu Beta-Blockern ist für sie jedoch nicht nachgewiesen, dass sie Folgekrankheiten verhindern und das Überleben verbessern. Außerdem dürfen bestimmte Kalziumkanal-Blocker bis zu 4 Wochen nach einem Herzinfarkt und bei instabiler Angina pectoris keinesfalls eingenommen werden. Um dem niedrigeren Blutdruck entgegenzuwirken, kommt es bei diesen Mitteln oft zu einer reflektorischen Erhöhung des Herzschlags. Das belastet das Herz dann zu sehr. Auch bei Herzschwäche sind sie weniger geeignet. Es gibt Hinweise, dass einige Medikamente aus dieser Gruppe dann die Sterblichkeit erhöhen. Weitere Informationen dazu finden Sie in der Patientenleitlinie Herzschwäche: www.patienten-information.de/patientenleitlinien/herzschwaeche.

Typische Nebenwirkungen von Kalziumkanal-Blockern: Kopfschmerzen, Hitzewallungen oder aufsteigendes Wärmegefühl, Magen-Darm-Beschwerden wie Übelkeit oder Verstopfung, Müdigkeit, Muskel- und Gelenkschmerzen.

Langwirksame Nitrate

Nitrate sind Medikamente, die die Blutgefäße erweitern und dadurch die Blutversorgung des Herzens verbessern. Man unterscheidet kurzwirksame und langwirksame Nitrate. Die kurzwirksamen empfehlen Fachleute bei plötzlich auftretenden Beschwerden, etwa einem Angina-pectoris-Anfall (siehe "Kurzwirksame Nitrate").

Studien weisen darauf hin, dass langwirksame Nitrate vergleichbar gut die Beschwerden einer KHK lindern und die Anzahl von Angina pectoris-Anfällen senken wie Beta-Blocker und Kalziumkanal-Blocker. Im Gegensatz zu Beta-Blockern ist für sie jedoch nicht nachgewiesen, dass sie Folgekrankheiten verhindern und das Überleben verbessern.

Wenn Sie dauerhaft Nitrate einnehmen, lässt die Wirkung mit der Zeit nach. Daher sollte zwischen den einzelnen Einnahmen stets eine Pause von 8 bis 12 Stunden liegen. Bei einem akuten Anfall bleiben die schnellwirkenden Nitrate in der Regel aber wirksam.

Ivabradin und Ranolazin

Diese beiden Medikamente kommen nur dann in Frage, wenn Beta-Blocker nicht vertragen werden oder Beta-Blocker allein nicht ausreichend wirken. Im letzteren Fall kommen Ivabradin oder Ranolazin gemeinsam mit einem Beta-Blocker zum Einsatz. Die Mittel entlasten den Herzmuskel auf unterschiedliche Weise. Studien konnten für beide Wirkstoffe belegen, dass sie Beschwerden lindern, also zum Beispiel die Belastbarkeit steigern und Angina pectoris-Anfälle senken. Aussagekräftige Studien haben aber gezeigt, dass sie Folgeerkrankungen der KHK wie Herzinfarkt und Herztod nicht verhindern können.

Die Nebenwirkungen dieser beiden Wirkstoffe finden Sie im Wörterbuch: "Ivabradin" oder "Ranolazin".

Im Unterschied zu Ivabradin und Ranolazin gibt es langjährige ärztliche Erfahrungen mit Beta-Blockern, Kalziumkanal-Blockern und langwirksamen Nitraten.

Komplementäre und alternative Behandlungen

Die Leitlinie empfiehlt:

Komplementäre und alternative Behandlungen wie Chelat-Therapie, Pflanzenheilkunde (Phytotherapie), Vitaminzusätze und Omega-3-Fettsäuren sollen nicht angewendet werden, um eine KHK zu behandeln.

Für alle diese Mittel gilt: Es gibt keine überzeugenden Nachweise dafür, dass sie gegen KHK wirken. Das unterscheidet sie von den empfohlenen Medikamenten. Wer an KHK erkrankt ist, erhält meist mehrere Medikamente. Studien zeigen: Je mehr Wirkstoffe man einnimmt, desto schwerer wird es, alle richtig einzunehmen. Deshalb rät die Expertengruppe davon ab, weitere Mittel anzuwenden, deren Nutzen nicht belegt ist.

Beispielhaft wurden die Studienergebnisse für Omega-3-Fettsäuren bei Menschen nach einem Herzinfarkt ausgewertet: Weder als Nahrungsmittelzusatz noch in Form von Kapseln konnten Omega-3-Fettsäuren die Anzahl der Todesfälle oder die Anzahl von wiederholten Herzinfarkten senken.

Hinweis

Seien Sie skeptisch, wenn "Wundermittel", "Allheilmittel" oder besonders teure Medikamente oder Behandlungsmethoden angepriesen werden!

Lassen Sie sich vor allem nicht dazu bewegen, die von Ihrer Ärztin oder Ihrem Arzt empfohlene Behandlung einfach selbst abzusetzen. Grundsätzlich ist wichtig, dass Sie alle Verfahren, die Sie selbst oder auf Anraten anderer anwenden oder anwenden möchten, mit Ihrer behandelnden Ärztin oder Ihrem behandelnden Arzt besprechen – auch auf die "Gefahr" hin, dass sie oder er davon abrät.

Um Herz und Gefäße vor Schäden zu schützen, wird eine gesunde Lebensweise empfohlen (siehe Kapitel "Verhaltensänderungen: Was ist eine gesunde Lebensweise?").

Übersicht: Medikamente bei stabiler KHK

Abbildung 4: Medikamente bei stabiler KHK
(zum Vergrößern Abbildung bitte anklicken)

2023. Version 4

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Spezielle Angebote für Menschen mit chronischer KHK finden Sie unter den folgenden Adressen:

Deutsche Herzstiftung e. V.
E-Mail: 
Internet: www.herzstiftung.de/selbsthilfegruppen.html

Deutsche Gesellschaft für Prävention und Rehabilitation von Herz-Kreislauferkrankungen e. V. 
Unter dieser Adresse erfahren Sie, welche Herzgruppen es in Ihrem Bundesland gibt:
E-Mail: 
Internet: www.dgpr.de

Stiftung "Der herzkranke Diabetiker"
Stiftung in der Deutschen Diabetes-Stiftung

E-Mail: 
Internet: www.stiftung-dhd.de

Wo sich eine Selbsthilfegruppe in Ihrer Nähe befindet, können Sie auch bei der Nationalen Kontakt- und Informationsstelle zur Anregung und Unterstützung von Selbsthilfegruppen (NAKOS) erfragen:

Nationale Kontakt- und Informationsstelle zur Anregung und Unterstützung von Selbsthilfegruppen (NAKOS)
Otto-Suhr-Allee 115
10585 Berlin
Telefon: 030 31018960
Fax: 030 31018970
E-Mail: 
Internet: www.nakos.de

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