Nephrotisches Syndrom bei Kindern

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Mit den Nieren Ihres Kindes ist etwas nicht in Ordnung und es besteht der Verdacht auf ein nephrotisches Syndrom? Möglicherweise sind Sie verunsichert, was auf Sie und Ihr Kind zukommt. Dieses Infoblatt gibt Ihnen einen ersten Überblick über das seltene Krankheitsbild.

Auf einen Blick

Erkrankung

Beim idiopathischen nephrotischen Syndrom (kurz: iNS) verliert das betroffene Kind Eiweiße über den Urin. Es kommt zu Wasser-Einlagerungen im Körper (Ödeme). Nach einigen Jahren heilt die Krankheit bei den meisten Kindern aus. Nur selten entsteht eine dauerhafte Einschränkung der Nierenfunktion.

Behandlung

Eine wirksame Behandlung sind Medikamente, die das körpereigene Abwehrsystem unterdrücken. Häufig kommt es zu Rückfällen. Ziel der Behandlung ist es dann, die Rückfälle zu verringern und zugleich die Nebenwirkungen der Medikamente so gering wie möglich zu halten.

Die Erkrankung

Die Nieren arbeiten wie ein Sieb oder Filter. Sie filtern Schadstoffe aus und behalten für den Körper wertvolle Stoffe zurück. Beim nephrotischen Syndrom ist das Sieb undicht und wertvolle Stoffe wie Eiweiße gelangen in den Urin. Somit fehlen Eiweiße im Blut. Da die Eiweiße im Blut normalerweise das Wasser halten, gelangt nun vermehrt Wasser in andere Gewebe. Diese Wasser-Einlagerungen können sich als Schwellungen bemerkbar machen. Der Fachbegriff lautet Ödeme.  

Am idiopathischen nephrotischen Syndrom (kurz: iNS) erkranken jedes Jahr in Deutschland rund 250 Kinder. Meist sind Kinder zwischen 1 und 10 Jahren betroffen. Idiopathisch heißt, dass die Ursache unklar ist. Man weiß aber, dass das körpereigene Abwehrsystem dabei eine Rolle spielt.

Anzeichen und Beschwerden

Typische Zeichen sind:

  • Ödeme vor allem im Gesicht (Augenlider), an den Beinen und Füßen sowie im Genitalbereich (Hodensack oder Schamlippen)

  • dunkel verfärbter und schaumiger Urin

  • zu wenige Eiweiße (Proteine) im Blut

  • erhöhte Fett-Werte im Blut

Es können weitere Beschwerden auftreten, wie Übelkeit, Müdigkeit oder Bluthochdruck. Zudem sind die Kinder anfällig für Infekte, da ihnen Eiweiße fehlen, die sonst Krankheitserreger abwehren. Durch den Wasserverlust im Blut können Gefäße leichter verstopfen. Die Gefahr für Blutgerinnsel (Thrombosen) ist erhöht.

Unbehandelt können die Nieren so stark geschädigt werden, dass sie komplett ausfallen (Nierenversagen). Auch die Flüssigkeitsansammlungen können unbehandelt bedrohlich werden, etwa in der Lunge.

Das iNS tritt in Schüben auf. Das bedeutet, es gibt Zeiten ohne Beschwerden und Zeiten, in denen Krankheitszeichen auftreten. Das typische iNS verschwindet meist, wenn die Betroffenen erwachsen werden.

Untersuchungen

Der Arzt oder die Ärztin befragt Sie und Ihr Kind ausführlich und untersucht es körperlich. Urin und Blut Ihres Kindes werden im Labor getestet und die Nieren mittels Ultraschall betrachtet. 

Der Arzt oder die Ärztin prüft auch, ob bei Ihrem Kind das iNS vorliegt oder ob es eine bestimmte Ursache für das nephrotische Syndrom gibt, zum Beispiel eine Erbkrankheit oder Entzündungen der Blutgefäße, in deren Folge ein nephrotisches Syndrom entstehen kann.  

Fachleute empfehlen nur in bestimmten Situationen eine Gewebe-Entnahme aus der Niere, zum Beispiel wenn die Medikamente nicht wirken oder das Kind zu Beginn der Krankheit älter als 10 Jahre ist.

Die Behandlung

Tritt das iNS erstmalig auf, so empfehlen Fachleute Medikamente, die wie Kortison wirken. In der Fachsprache heißen sie Glukokortikoide. Diese unterdrücken das körpereigene Abwehrsystem. Krankheitsrückfälle und dauerhafte Nierenschäden sollen so vermieden werden. Bei etwa 9 von 10 betroffenen Kindern sind diese Kortison-ähnlichen Medikamente wirksam.  

Tritt die Erkrankung erstmals auf, so empfehlen Fachleute derzeit, den Kortison-ähnlichen Wirkstoff Prednison über einen Zeitraum von 12 Wochen einzunehmen. Studien weisen darauf hin, dass es nach 12-wöchiger Behandlung seltener zu Rückfällen kommt als nach 8-wöchiger. Ob eine noch längere Behandlungsdauer mehr Rückfälle verhindern kann, ist laut aktueller Studienlage unklar. 

Laut Fachleuten sollen betroffene Kinder das Prednison in den ersten 6 Wochen einmal täglich morgens einnehmen. Für weitere 6 Wochen kommt das Medikament nur noch jeden zweiten Tag zum Einsatz. Die Dosis richtet sich nach Größe und Gewicht des Kindes. 

Trotz Behandlung kommt es bei etwa 3 von 4 betroffenen Kindern zu einem Rückfall. Fachleute sprechen von einem Rezidiv. Bei vielen treten wiederholte Rückfälle auf. Dann nimmt man das Prednison über einen kürzeren Zeitraum als beim ersten Mal. In der Regel ist das Mittel erneut gut wirksam, so dass sich die Nieren wieder erholen. Ziel ist es, die Nebenwirkungen der Medikamente gering zu halten, wie zum Beispiel Wachstumsstörungen, Knochenschwund, Gewichtszunahme, Linsen-Trübung der Augen oder Bluthochdruck. 

Schwierig wird es dann, wenn das Prednison nicht oder nicht mehr wirkt. Betroffene benötigen oft wiederholt oder dauerhaft weitere Medikamente, die die körpereigene Abwehr unterdrücken (Immunsuppressiva).

Sehr selten kann es passieren, dass die Nieren dauerhaft nicht mehr funktionieren. Es entsteht eine Nierenschwäche (Nieren-Insuffizienz). Dann sind Behandlungen erforderlich, die die Arbeit der Nieren übernehmen – in der Fachsprache heißen sie: Nieren-Ersatz-Therapien. Hierzu gehören die Blutwäsche (Dialyse) und die Nieren-Transplantation

Eine enge Zusammenarbeit von Eltern und einem kinderärztlichen Team, das auf Nieren-Erkrankungen spezialisiert ist (Kinder-Nephrologie), kann dauerhafte Folgen der Krankheit und Schäden durch die Medikamente meist vermeiden. Auch im Erwachsenenalter sind regelmäßige Kontroll-Untersuchungen in einer nephrologischen Praxis oder Ambulanz empfehlenswert.

Was Sie selbst tun können

  • Ihr Kind braucht sich körperlich nicht zu schonen, es kann alles tun wie andere Kinder. Auch während eines Schubes braucht Ihr Kind keine Bettruhe.

  • Während eines Schubes sollte Ihr Kind eine salzarme Kost erhalten. Die Trinkmenge sprechen Sie am besten mit dem Ärzteteam ab.

  • Um einen Rückfall rechtzeitig zu erkennen, sollten Sie morgens den Urin Ihres Kindes mit einem Teststreifen auf Eiweiß kontrollieren.

  • Impfungen schützen vor bestimmten Infektionen. Allerdings können sie einen Rückfall des iNS auslösen. Lassen Sie sich zu diesem Thema beraten.

  • Mit Unterstützung lässt sich der Alltag leichter bewältigen. Bei Bedarf können Sie als Familie psychosoziale Unterstützung erhalten.

  • Informieren Sie sich über Selbsthilfe-Organisationen und tauschen Sie Ihre Erfahrungen mit anderen Betroffenen aus, etwa bei Gruppentreffen.

Mai 2021, herausgegeben von Bundesärztekammer und Kassenärztlicher Bundesvereinigung

Mehr zum Thema

In der Allianz Chronischer Seltener Erkrankungen (ACHSE) e. V. haben sich Patientenorganisationen zusammengeschlossen und sich auf gemeinsame Standards für eine unabhängige Selbsthilfearbeit geeinigt. Ansprechpersonen für Ihre Erkrankung finden Sie hier:

Internet www.achse-online.de
Telefon 030 3300708-0
E-Mail info@achse-online.de

Selbsthilfe-Organisation:

Unsere Gesundheitsinformationen können Sie kostenlos herunterladen, ausdrucken und verteilen. Es gibt auch die Möglichkeit, diese bei Anbietern von Print on Demand auf hochwertigem Papier und in beliebiger Auflage kostenpflichtig ausdrucken zu lassen – wie zum Beispiel dem DDZ.

Diese Information wurde vom ÄZQ im Rahmen eines kooperativen Projektes mit der Allianz Chronischer Seltener Erkrankungen (ACHSE) e. V.erstellt. Der Inhalt beruht auf aktuellen wissenschaftlichen Forschungsergebnissen und Empfehlungen für Betroffene von Betroffenen.

Hier finden Sie Dokumente zur Methodik, alle Quellen der Kurzinformation "Nephrotisches Syndrom bei Kindern" sowie weiterführende Links.

Methodik

Verwendete Quellen

Fachliteratur 2021

Weiterführende Links

Diese Auflistung ist eine Auswahl, sie wird fortlaufend ergänzt und ist nicht vollständig.

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